Rüge an Ärzte und Standesämter
Innenministerium: Trans Menschen dürfen dritte Option nicht nutzen
Wegen einer Gesetzeslücke nutzen nicht nur intergeschlechtliche Personen das Gesetz zur dritten Option. Das Innenministerium ermahnt deswegen nun die Beamten der Standesämter mit einem Rundschreiben.
Das von Horst Seehofer (CSU) geführte Bundesinnenministerium rügt Ärzte, Standesämter und trans Menschen, die das Gesetz zur Dritten Option nutzen. Darüber berichtet BuzzFeed News Deutschland am Donnerstag. Seit Anfang des Jahres können intergeschlechtliche Personen mit einem einfachen ärztlichen Attest das Geschlecht „divers“ eintragen lassen (queer.de berichtete).
Ebenso ermöglicht das Gesetz, den Geschlechtseintrag von männlich auf weiblich oder umgekehrt ändern zu lassen. Das macht es nun auch trans Menschen möglich, ihren Geschlechtseintrag unkomplizierter ändern zu lassen. Zuvor mussten sie nach dem Transsexuellengesetz mit einem aufwändigen und teueren psychologischen Gutacten nachweisen lassen, dass sie ihren Geschlechtseintrag wirklich anpassen lassen wollen.
Dem Innenministerium gefällt die neue Praxis nicht. Auf Anfrage von queer.de sagte ein Sprecher: „Es ist eindeutig, dass die in Kraft getretene Neuregelung ausdrücklich nicht für transsexuelle Menschen gilt. Transsexuelle haben nämlich ein eindeutiges biologisches Geschlecht, fühlen sich aber nicht dem Geschlecht zugehörig, das bei der Geburt im Geburtenregister eingetragen wurde. Für transsexuelle Menschen sind nach wie vor die Regeln des Transsexuellengesetzes maßgeblich. Daher gibt es für sie auch keine Regelungslücke.“
Sollte ein Arzt eine falsche Bescheinigung ausfüllen, sei dies eine Straftat: „Für die Richtigkeit dieser Bescheinigung ist der Arzt verantwortlich.“ Werde die Bescheinigung einer nicht intergeschlechtichen Person ausgestellt, „kann dies unter Umständen den Tatbestand des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 278 des Strafgesetzbuches erfüllen“, so der Sprecher.
Laut Buzzfeed werde das Ministerium diese Rechtslage den Ländern in Kürze noch einmal erläutern. Es sei am Mittwoch ein entsprechendes bundesweites Rundschreiben an die Standesämter verschickt worden.
Kritik auch von Günter Krings
Schon in den vergangenen Wochen gab es Kritik vom Innenministerium. Gegenüber der FAZ sagte Günter Krings (CDU), parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium: „Ich finde es bedenklich, wenn die von Geburt an schwierige Situation von intersexuellen Menschen und die für sie richtigerweise veränderten personenstandsrechtlichen Regeln nun von einzelnen Vertretern einer anderen Gruppe für sich ausgenutzt wird.“
Günter Krings ist bereits als Gegner der Rechte von LGBTI bekannt. Im vergangenen Jahr wollte er Richter am Bundesverfassungsgericht werden (queer.de berichtete). Doch nach einem Veto der Grünen im Bundestag war Krings aus dem Rennen (queer.de berichtete).
Die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) kritisierte die Aussagen Krings‘ im März in einem Brief. Wenn ein Arzt eine Diagnose stelle, habe dies „auch ein Staatssekretär nicht in Frage zu stellen und schon gar nicht als Straftat zu deklarieren. Wir weisen die Äußerungen Krings‘ aufs Schärfste zurück.“
Ganserer: Handwerklich schlechtes Gesetz
Kritik an der Rüge kommt von Tessa Ganserer, queerpolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag. „Das Innenministerium sollte sich schämen“, schrieb sie auf Twitter. „Zuerst ein handwerklich schlechtes Gesetz verabschieden und dann Mimimi. Statt Ärtzt*innen zu drohen sollten sie sich auf den Hosenboden setzen und schleungist das TSG reformieren.“ (cw)
Nachträglich ergänzt um Reaktion des Sprechers des Innenministeriums und die Kritik der dgti.
Quelle:
Ein Gedanke zu „Innenministerium: Trans Menschen dürfen dritte Option nicht nutzen (queer.de – 12.04.19)“
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