Im Februar 2020 habe ich meine Erklärung nach PStG 45b (Vordruck von dieser Seite) und ein Attest über die Variante der Geschlechtsentwicklung (von meinem Psychiater) beim Standesamt meines Geburtsortes abgegeben. Das Attest enthielt dann auch lediglich die Aussage, dass diese vorliegt. Es müssen und sollen keine Diagnosen oder Befunde eingereicht werden. Der Geburtsort war in meinem Fall in Sande, Niedersachsen.
Die Beamtin dort zeigte sich erst recht überfordert und meinte, ich sei der erste Fall. Sie fragte mich dann leider, ob „eine Geschlechtsumwandlung“ stattgefunden hat, oder eine Nichtzugehörigkeit des Geschlechts vorliegt. Aus reiner Unwissenheit, denke ich. Nun, sie hat es sofort nachgeschlagen und mir zugesichert, dass sie die Bearbeitung probieren wird. Sie fragte aber, wann ich das nächste mal wieder kommen könnte. Wir haben uns dann auf den schnellstmöglichen Termin geeinigt; zwei Tage später.
Bis Freitag hatte sie sich zwischenzeitlich recht begeistert reingelesen und war auch höflich im Umgang mit mir und hat sich beim zweiten Termin vorsichtiger ausgedrückt. Das mein Attest vom Psychiater kam, war zum Glück kein Problem. Leider machen ja derzeit viele Standesämter Druck, dass andere Facharztrichtungen diese Atteste ausstellen sollen, auch wenn das Gesetz Psychiater natürlich als Ärzte mit einbezieht. Ich habe schon das Gefühl, hier auch Glück gehabt zu haben, da ich meinen Eintrag streichen und nicht in M oder W ändern wollte und mein gewählter Vorname geschlechtsneutral ist. Die Annahme, dass ich Inter statt Trans sei, hat mir wohl geholfen. Weitere Fragen blieben mir erspart.
Leider machte das Computerprogramm dann aber Probleme und zeigte eine Fehlermeldung an, als die Beamtin den Geschlechtseintrag entfernt hat. Es müsse irgend etwas eingetragen werden. Die hinzugezogene Kollegin war auch erst ratlos. Der Trick, dieses Dokument auch drucken zu können, lag dann darin, die Änderung im System als Korrektur zu betiteln. M, W oder D wollte das Programm als Option sonst sofort zulassen. Da ich den Computerbildschirm nicht selber gesehen habe, kann ich da nichts genaueres zu sagen. Ihrer Kollegin sagte die Beamtin aber stolz, dass sie bitte zukünftige Fälle sofort zu ihr schickt, da sie jetzt informiert sei.
Ich habe jetzt eine neue Geburtsurkunde bekommen, in welcher lediglich mein (neuer) Name vermerkt ist, als wäre er schon immer mein Rechtlicher gewesen. Meine alte Geburtsurkunde listete „Geburtsname, Vorname(n), Geschlecht, Geburtstag, Geburtsort, Religion“ auf. Die Reihe Geschlecht wurde jetzt einfach gelöscht und dort steht auch nichts von der im System vorgenommenen Korrektur. Dann habe ich einen Auszug aus dem Geburtenregister angefordert; hier ist die „Ersetzung der Geschlechtsangabe und Neubestimmung der Vornamen“ vermerkt. In meinem Personalausweis wird kein Feld für den Geschlechtseintrag sein und im Reisepass bekomme ich ein X. Meine Renten- und Krankenversicherungsnummer möchte ich jetzt anpassen lassen, da sie nach Geschlecht codiert sind.
Obwohl meine Erklärung mit PStG 45b so akzeptiert worden ist, konnte die Beamtin mir aber leider auch nur eine Namensänderung über PStV 46 attestieren, da ihr Computergramm kein PStG 45b zur Auswahl hat. Das sich da seit 2018 nichts getan hat, ist traurig. Deshalb gab es für mich auch kein Antragsformular zum Ausfüllen, sondern meine eigene Erklärung musste von mir beglaubigt (also in ihrem Beisein) unterschrieben werden. Das ich meinen Geschlechtseintrag habe streichen lassen, habe ich mir dann noch mal extra von ihr formlos aufsetzen und abstempeln lassen, um es bei der Renten- und Krankenversicherung vorlegen zu können, ohne meine direkten Gründe offenbaren zu müssen, wenn ich nicht möchte. So habe ich drei beglaubigte Dokumente erhalten.
Kostenpunkt 15€ für die Ausstellung der drei Dokumente. Ich bekomme noch eine Rechnung über das angewandte Verfahren zugesendet, da auch hierzu überhaupt nichts beim Standesamt vermerkt ist und mir keine Pauschale genannt werden konnte. Es soll wohl „nicht viel“ werden.
Ob Behörden wegen diesem Ablauf zukünftig Ärger machen, weiss ich nicht. Da meine Erklärung aber so explizit als PStG 45b beglaubigt wurde und ein Beistand beide Termine mit mir wahrgenommen hat, werde ich mich bei eventuellen Problemen einfach wieder an diese Beamtin wenden und auf mein Recht pochen. Es hätte also noch einen Ticken besser laufen können, aber eine Angestellte kann nichts dafür, wenn dieses Verfahren nicht im System hinterlegt ist.
Ich möchte mich ganz herzlich bei Julia bedanken, welche mich ermutigt hat, diesen Schritt zu gehen. Von mir fällt eine riesen Last.
Standesamt: Sande in Niedersachsen